Deutsche Hilfe fließt, damit die Museumsmeile in der georgischen Hauptstadt Tiflis wieder im alten Glanz erstrahlen kann. Dringend notwendig ist das, denn momentan sind die Verhältnisse noch erschreckend.
Von Tatjana Montik
Die Verhältnisse, unter denen im georgischen Kunstmuseum die iranische und altkaukasische vorchristliche und christliche Kunst präsentiert wird, sind erschreckend: Einige Museumswände zeigen Risse und gewaltige Wasserflecken, es ist feucht, und die Raumtemperatur kann über das Jahr nicht konstant gehalten werden. Deshalb sind viele Objekte in einem restaurierungsbedürftigen Zustand, sagt der Vizedirektor des georgischen Nationalmuseums, Micheil Tsereteli:
«Das Gebäude selbst stammt vom Ende des 19. Jahrhunderts. Und es hat leider viele Mängel. Es wurde in den letzten dreißig Jahren nicht restauriert. Demnächst stehen auf unserer Tagesordnung die Evakuierung der Museumssammlung und die Restaurierung des Gebäudes. Im Rahmen des Pilotprojektes werden wir über 5000 Objekte aus diesem Gebäude auslagern.»
Die Objekte und Magazine des Kunstmuseums sollen im nächsten Jahr in einem Zwischenlager restauriert werden, während das Gebäude saniert wird. Dabei müssen die Kunstgegenstände in aufwendigen Verfahren von Schädlingsbefall befreit werden.
Große Bedeutung messen die georgischen Museumsexperten aber auch den veränderten Schwerpunkten im Museumswesen bei, sagt Micheil Tsereteli:
«Noch vor fünf Jahren galten bei uns die Museen als langweilige staubige Orte, wo nur die Vertreter von älteren Generationen arbeiteten. Es gab darin kaum Heizung oder Strom. Es waren einfach Orte der Tristesse. Dabei sollten die Museen in erster Linie für die Besucher da sein. Deshalb wollen wir bei uns eine besucherfreundliche Herangehensweise entwickeln. Wir wollen nicht nur die Intellektuellen und die Kunstliebhaber ansprechen, sondern Vertreter aller Schichten unserer Gesellschaft.»
Bei dieser schwierigen Aufgabe werden die georgischen Kuratoren von ihren europäischen Partnern unterstützt. Denn die Restaurierung der georgischen Nationalmuseen erfolgt im Rahmen eines durch die Europäische Union geförderten sogenannten Twinningprojekts. Twinning ist das von der EU finanzierte Programm zum Auf- und Ausbau öffentlicher Strukturen interessierter Beitrittsländer. Twinningprojekte hatte es bisher in der Landwirtschaft, Grenzüberwachung, Polizei und in anderen Bereichen gegeben.
Georgien sei das erste Land, in dem ein Twinningprojekt im Kultursektor läuft, sagt Michail Tsereteli:
«Seitdem 2005 die Reform der georgischen Nationalmuseen gestartet wurde, haben wir uns bemüht, die zusätzlichen Mittel für dieses Projekt in Eigenregie zu sammeln, da die staatliche Förderung allein nicht ausreichend war. Wir boten der EU ein Twinningprojekt im Bereich der Kultur an und waren erfolgreich. Nun haben wir die einzigartige Chance, enge Beziehungen zu solch angesehenen Institutionen wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Museen zu Berlin aufzubauen. »
Die sind auch der Hauptpartner der Georgier von deutscher Seite. Die Preußen-Stiftung und die Berliner Museen haben in den Jahrzehnten nach der Wiedervereinigung wie keine andere Einrichtung Erfahrungen in der Modernisierung ihrer Museumsbauten gemacht. Bei der Entwicklung einer der zentralen Kultureinrichtungen Georgiens trifft deutsches Know-how auf die georgische Leidenschaft, sagt Manfred Nawroth, Projektkoordinator von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz:
«Es wird unglaublich schnell gemacht! Das ist ein Kunststück: kaukasisch, leicht lebend, das man in Europa nicht kennt, wo man sehr viel mehr Planungsaufwand und zugegebenermaßen sehr viel mehr finanzielle Mittel benötigen würde, um Vergleichbares zu machen.»
Bei seiner Aufgabe, die Arbeit seiner georgischen und deutschen Kollegen zu koordinieren, hat Manfred Nawroth natürlich auch einige Hürden zu überwinden. In erster Linie sind es die Kulturunterschiede, die zu berücksichtigen seien, berichtet der Museumsexperte:
«Deutschland ist ja sehr genau und legt sehr großen Wert auf die frühzeitige Planung. In Georgien ist genau das Gegenteil der Fall, dass man von heute auf morgen die Entscheidungen treffen will. Und diese im Mentalitätsbereich liegenden Dinge etwas näher heranzubringen und zu vereinen, das ist die größte Schwierigkeit, die es dabei gibt. Motivation treffe ich hier an allen Stellen an. »
Und wenn das Museumsprojekt erfolgreich abgeschlossen ist, wird es bereits im kommenden Jahr das Gesicht der Stadt stark verändern. Denn laut Projektplanern sollen es Paradestücke von Museen nach europäischem Standard werden, bei denen auch der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung eine große Bedeutung zukommen soll:
«Die Spürbarkeit dieses Museums für das kulturelle Leben in der Stadt, die kulturelle Anerkennung für die Bevölkerung in der Stadt und auf dem Lande sollte eine große Wirkung haben. Und ich meine auch, dass es eine erkennbare Größe hat für die internationalen Touristen, als eine der Attraktivitäten, um dieses schöne wunderbare Land zu bereisen.»